Duell zweier Traditionsvereine mit ähnlicher Geschichte
Wenn am Sonntag Pfadi Winterthur auf den nordmazedonischen Klub HC Pelister Bitola trifft, gibt es im Vorfeld dazu eine ganze Menge geschichtlicher Parallelen zu erzählen. Sportlich gesehen kommt allerdings eine grosse Unbekannte auf den Gastgeber zu. Der Verein aus dem Süden des Landes spielt zwar in der obersten Liga irgendwie noch mit, in der Wahrnehmung ist er jedoch hinter dem grossen Stadtrivalen und Champions-League Teilnehmer RK Rabotnik Bitola abgetaucht. Die Kommunikation mit dem Gegner jedenfalls gestaltete sich für Pfadi im Vorfeld des Aufeinandertreffens als ziemlich schwierig.
Pfadi Winterthur und der RK Pelister Bitola. Das waren in den 1990er Jahren und zu Beginn des neuen Jahrtausends die Handballhochburgen ihrer Länder. Neun nationale Meistertitel und einige Cup-Trophäen eroberten sich die beiden Vereine und zahlreiche Handballgrössen prägten deren Spiel. Erinnern Sie sich noch, etwa an Jae-Won Kang, den koreanischen Welthandballer von 1989, oder seinen Landsmann Chi-Hyo Cho. Beide waren sie für Winterthur zentrale Figuren. Korean-Typhoon‘s wurden sie auch genannt. Ihr Spiel war für seine Zeit total unberechenbar und spektakulär. Auf der anderen Seite genossen einst Männer wie Pepi Manaskov, der spätere Wandervogel mit Stationen etwa in Créteil, Hameln und Celje einen ähnlichen Status. Und da spielte zu Beginn seiner grossen Karriere Kiril Lazarov, der spätere Superstar in Zagreb, Vészprém und Barcelona. Es waren goldene Zeiten, welche die beiden Klubs durchlebten. Die Landkarten haben sich seither etwas verändert, aber nicht ganz im Gleichschritt. Unseren Pfadern geht es insgesamt doch noch etwas besser. Nach einem Durchhänger im Anschluss an die grossen Jahre sind sie zurück in den Titelrennen. Bitola aber blieb dies zusehends verwehrt. Es rückten die beiden Geldmaschinen aus der Hauptstadt Skopje in den Fokus, Metalurg und Vardar. Letztere gewannen schliesslich mit viel finanzieller Potenz auch die Champions-League‘s 2017 und 2019. Pelister blieb zwar lange Zeit die Nummer Drei, aber aussichtslos auf einen weiteren Titelgewinn und zuletzt – so wird gemunkelt – ohne Geld in der Kasse und führungslos. Es droht – auch aus anderen Gründen – der Absturz. Mal schauen, was denn da für ein Team gegen Pfadi auf der Platte stehen wird.
Schwierige Kommunikation
Das Backoffice von Pfadi Winterthur ist sich mit den nun 159 europäischen Begegnungen an einige Abenteuer gewöhnt. Das liegt ziemlich sicher daran, das viele Destinationen der europäischen Wettbewerbe weitab der Hotspots und teilweise auch in Ländern liegen, welche nicht jeden Tag von Touristen überflutet werden. Hin und wieder ist auch die Kommunikation mit den gegnerischen Vereinen etwas erschwert. So im Fall vom HC Pelister – wie sich der Verein heute nennt. Eine erste Kontaktaufnahme schlug fehl, weil die offizielle Adresse nicht stimmte. Der Europäische Verband musste schliesslich weiter helfen. Die Ansetzung des Auswärtsspiels in Bitola dauerte eine Ewigkeit. Wenn man weiss, wie gut Flugzeuge über’s Wochenende in die Hauptstädte südlicher Länder ausgebucht sind und man auf derartigen Flügen noch etwas über zwanzig Plätze buchen sollte, führt das in eine unangenehme Situation. Man will ja schliesslich nicht zwei Tage und womöglich noch in Splittergruppen auf Reisen sein, wenn es anders auch ginge. Die Rückreise aus dem Kosovo vor noch nicht langer Zeit lässt Erinnerungen wach werden. Jedenfalls musste auch da der europäische Verband mithelfen. In Bezug auf anständige Spielerlisten und Fotos des Teams herrscht tiefe Ungewissheit. Einer der aufgeführten Spieler, welcher gegoogelt wurde, entpuppte sich als Torhüter des Fussballteams FC Pelister Bitola. Eine interessante Variante. Pfadi hatte ja im Jahre 1976 für eine kurze Zeit mit dem geflüchteten Magdeburger Helmuth Kosmehl schliesslich auch mal einen Spieler, welcher gleichzeitig Trainer beim FC Winterthur war. Es ging nicht lange gut.
Vielleicht liegt es an einem Fusionsprojekt
Die Zeitschrift Handball Planet vermeldete nämlich Ende Juli dieses Jahres, die nordmazedonische Stadt mit der grössten Handball-Tradition (Bitola) werde knapp 15 Jahre nach den letzten grossen Auftritten in der Champions-League in den nächsten Jahren wieder ein sehr ambitioniertes Team auf europäischer Ebene stellen. Der Stadtrat werde über den Verkauf eines Pelister-Pakets an die Firma Eurofarm entscheiden. Das ist jene Firma, welche bereits sehr viel Geld in das Projekt RK Eurofarm Rabotnik investiert hat und noch investieren wird. Der kometenhaft aufgestiegene Vizemeister ist ebenfalls in Bitola beheimatet und spielt – nachdem er in der letzten Spielzeit dank dem Qualifikations-Erfolg über den BSV Bern die EHF-Cup-Gruppenphase erreichte – diese Saison nun in der Champions-League Gruppe C. Die Stadt Bitola übrigens werde 25% des Budgets sicherstellen. Dieses soll sich auf rund 1 Mio. Euro belaufen. Da hat man für europäische Nebensächlichkeiten einer weiteren Stadtmannschaft halt eben mal nicht so viel Zeit. Das wichtigste ist nun, endlich wieder die Handballstadt Nummer 1 im Lande zu werden, Vardar Skopje damit die Vorherrschaft streitig zu machen und auch europäisch wieder eine grosse Nummer zu werden. Mit diesem Projekt hat allerdings der HC Pelister Bitola offenbar nichts mehr zu tun. Ausser vielleicht seine besten Spieler dafür zu liefern.
Pfadi Winterthur – HC Pelister Bitola (MKD)
Sonntag, 6. Oktober 2019, 17:00 Uhr, AXA Arena Winterthur
Fotos: zVg.
Die nächsten Heimspiele in der AXA Arena
So. 06.10.2019 | 17:00 Uhr | Pfadi Winterthur – HC Pelister Bitola (MKD)
Mi. 09.10.2019 | 19:30 Uhr | Pfadi Winterthur – GC Amicitia Zürich (Neuansetzung wegen EC)
Sa. 02.11.2019 | 17:30 Uhr | Pfadi Winterthur – TV Endingen