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Auf verlorenem Posten – Mitnichten

Pfadi Winterthur gelingt trotz verletzungsbedingter Abwesenheit von sieben Spielern in Luzern der grosse Coup. Das Team von Adi Brüngger schlug in einem Offensivspektakel mit ganz viel Spielwitz den höher kotierten Gegner in dessen Halle. Mit vierzehn Treffern insgesamt und den sieben aalglatt verwandelten Siebenmetern wurde Kevin Jud zum Man of the match. Dem agilen, schlauen Mittelmann und Ballantreiber gelang an diesem Abend nahezu Alles. Auch andere mischten kräftig mit. Etwa Roman Sidorowicz mit seinen passgenauen Knallern und einem genialen Zuspiel zu Marvin Lier, der an diesem Abend mangels Stamm-Kreisläufern die verwaiste Position übernahm und seine Sache sehr ordentlich machte.

Not macht erfinderisch. Pfadi Trainer Adi Brüngger beorderte in Folge der grossen Personalnot seinen Nati-Flügel Marvin Lier an den Kreis, Joël Bräm in der Defensive auf den Zweier. Henrik Schönfeldt, Benedikt Dechow und Henri Dörflinger, die Spieler welche aus dem NLB-Team nachrückten, nahmen ebenso auf der Bank Platz wie auch Michal Svajlen, der Abwehrspezialist mit starken Rückenbeschwerden. Die Formation also etwas ungewohnt, aber die Winterthurer legten gleich los wie die Feuerwehr. Drei Mal patzten die Gastgeber sogleich im Angriff, Pfadi nutzte die sich bietenden Chancen mit drei Kontern durch Roman Sidorowicz, Bräm und Marvin Lier. Das Spiel war lanciert, der HCKL glich die Führung zwei Mal aus. Nach dem 5:5 aber nutzten die Pfadi-Spieler weitere, ungwohnte Unzulänglichkeiten im Spiel des Gastgebers, liefen Konter, machten mit schnellen Anspielen und zügigem Spiel mächtig Dampf. Kevin Jud trieb an, war selber gefährlich, einfach unwiderstehlich. Sechs Tore gelangen ihm bis zur Pause. Und das Wichtigste, das Team von Adi Brüngger behielt bis dahin souverän auch die Oberhand. Mit 17 Treffern hatte Pfadi hohe Effizienz bewiesen, aber auch 15 Gegentreffer erhalten. Letzteres war in Anbetracht der abwesenden Spieler keine Überraschung. Der Rest aber dann schon. Und es sollte noch lange nicht fertig sein.

Weiter ging es mit den Handball-Künstlern
Zu Beginn von Halbzeit zwei kam Yahav Shamir im Tor für Dennis Wipf, Patrice Bührer trat auf Rückraum Rechts an. Wer nun gedacht hatte, die Luzerner kämen nun mit mehr Willen für eine entschlossener handelnde Defensive aus der Pause, sah sich gleich getäuscht. Diese gehört eigentlich zu den Paradestücken, aber an diesem Abend stand sie oft neben den Schuhen. Dafür sorgte Pfadi und sein Künstler auch weiterhin. Wenn man sie denn machen lässt. Kevin Jud powerte weiter und versenkte gleich zu Beginn der zweiten dreissig Minuten zwei weitere Siebenmeter. Dann gab’s kurz hintereinander zwei Zeitstrafen gegen Bräm und Bührer. Die Bilanz daraus: Nur 2:1 für den HCKL und total ein 19:21. Die Gäste hatten sich gut gehalten. Danach traf Jud wieder mit Siebenmeter, Sido glänzte mit einem herrlichen von unten nach oben gezogenen Schlenzer und Shamir krallte sich einen big save von Rechtsaussen Ammar Idrizi. Pfadi lag vier Tore in Front. Selbst in Unterzahl gelangen Treffer, etwa Jud mit einem herrlichen Durchbruch zum 21:15 (44.). Dann aber geriet etwas Sand ins Getriebe der Pfadi-Offensive, die Innerschweizer nutzten dies resolut um auszugleichen. Das Spiel war nun so richtig lanciert und man fragte sich schon, wie lange die Puste der Winterthurer für derartigen Powerhandball noch reichen würde. Lier traf vom Kreis, Pfadi lag wieder zwei Treffer vorne als es mit einer Zweiminutenstrafe Jud erwischte. Ausgerechnet er, welcher bis anhin dem Spiel der Seinen den Stempel aufgedrückt hatte. Nur, auch dies brachte Pfadi nicht in Verlegenheit. Erst tankte sich Sidorowicz durch und traf, die Gastgeber setzten nach. Dann war die Reihe wieder an Sidorowicz. Mit dem letzten Pass stieg er nach einem Freiwurf hoch und höher und knallte die Kugel in den rechten Winkel. Präziser geht nicht mehr, dachte man, aber er schaffte das gleiche Kunststück später noch einmal, diesmal aber tief. Nachdem wenig später Luzerns Delchiappo die rote Karte gezeigt bekam und Janus Lapajne mittels Penalty zum 30:31 verkürzte, folgte das nächste Pfadi Schmankerl. Sido zog in die Mitte und spielte mit gekonntem Hinterrückspass Kreisläufer Lier an, Volltreffer. Zwei vorne. Danach Lukas Heer wegen Stossens gegen Rellstab für zwei Minuten vom Feld, die Chance für Kriens-Luzern auszugleichen, Gavranovic aber traf nur die Lattenoberkante. Lier bestrafte dies sofort, Gavra traf das verwaiste Pfadi-Tor zum 33:34. Spannung pur. Brüngger nahm sein letztes Time-Out 64 Sekunden vor dem Ende. Die Seinen nahmen gleichsam nochmals tief Luft und tatsächlich besorgte zwei Mal Sido und ein Mal Gavranovic den Rest.

Dieses Angriffs-Furiosum war eine Augenweide
Adi Brüngger hatte im Vorfeld davon gesprochen, sie hätten sich einen Plan zurecht gelegt und er möchte möglichst viel davon sehen. Er beliess sein letztes Aufgebot beinahe sechzig Minuten auf dem Platz, gewährte da und dort kleine Auszeiten. Lier am Kreis war eine der notwendigen Überraschungen, Bräm in der Defensive auf dem Zweier die andere. Beide erledigten ihren Job sehr gut. Aber, und das war entscheidend, die Winterthurer spielten verdammt schnell und dies von A-Z ohne einen Anflug von Müdigkeit. Erste und zweite Welle im Stakkato, schnelle Ball-Richtungswechsel noch und noch. Sie brachten zwar ihre Flügel gegen die flache Deckung der Zentralschweizer kaum ins Spiel, aber über die vielen schnellen Konter kamen diese trotzdem zu Toren. Es war wohl eine Mischung aus fehlendem defensivem Engagement der Gastgeber und diesem Powerhandball Pfadi’s, gepaart mit aussergewöhnlichen handballerischen Fertigkeiten, welche letztlich dieses überraschende Resultat zustande brachte. Wenn man Künstler wie Jud und Sidorowicz so machen lässt – die Beiden erzielten gemeinsam zwei Drittel 36 Pfadi-Treffer – und diese ihre Spielweise derart effizient auf’s Parkett bringen wie an diesem Abend, dann ist es auch möglich mit personellen Engpässen Punkte zu holen. Auch beim Favoriten.

HC Kriens-Luzern vs. Pfadi Winterthur 34:36 (15:17)
Samstag, 5. Dezember
2020, 18:00 Uhr, Krauerhalle Kriens

HC Kriens-Luzern: Eicher, Bar; Harbuz (1), Wanner (2), Blättler (2), Piroch (1), Papez (3), Rellstab (3), Gavranovic (6), Oertli (6), Schlumpf (2), Delchiappo, Lavric, Idrizi (3), Lapajne (4/4).
Trainer: Perkovac | Zimmermann| Lang
Abwesende: Pejkovic.

Pfadi Winterthur: Wipf, Shamir; Tynowski, Schönfeldt, Pecoraro, Cohen (3), Dechow, Sidorowicz (10), Lier (4), Dörflinger, Heer (2), Bührer, Jud (14/7), Bräm (3), Svajlen.
Trainer: Brüngger | Cvetkovic | Schulz
Abwesende: Ott, Pfister, Störchli, Radovanovic, Vernier, Freivogel (alle verl.). Svajlen, Pecoraro, Schönfeldt, Dechow, Dörflinger (n.e.).

Schiedsrichter: Capoccia | Jucker; SHV-Delegierter: Nagel; Strafen: 5:7; Siebenmeter: 4/5 : 7/7; Bemerkungen: Disqualifikation Delchiappo (56.).

Fotos: Martin Deuring | www.deuring-photography.com

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Die nächsten NLA-Spiele:
Do 10.12.2020 | 19:15 | Pfadi Winterthur vs. TSV St.Otmar St.Gallen | AXA Arena Winterthur (Live SPORT1)
Mi 16.12.2020 | 20:00 | HSC Suhr Aarau vs. Pfadi Winterthur | Schachenhalle Aarau
Fr 18.12.2020 | 19:30 | Pfadi Winterthur vs. Wacker Thun | AXA Arena Winterthur
Mi 23.12.2020 | 19:15 | Pfadi Winterthur vs. Kadetten Schaffhausen / AXA Arena Winterthur (Live SPORT1)

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