Von der U13 ins NLA-Team und in die Schweizer Perspektivauswahl.
Pfadi Winterthur lebt die Nachwuchsförderung. Von ganz unten, nach ganz oben, von der ersten Ballberührung und dem Verlieben in den Handballsport, vom Spass über die Ausbildung hin zur Integration ins NLA-Team, leistungsgerecht fördernd und fordernd. Stets weiterentwickelnd zum Leistungsträger, zum Führungsspieler und zur Integrationsfigur. Ein weiter und langer Weg, aber kein unmöglicher, wie zahlreiche Beispiele beweisen. Dahinter stecken eine Strategie, Teamwork und viel Herzblut. Seitens des Vereins und Spielers, wie das Beispiel Alessio Lioi zeigt.
Da sitzen sie, nebeneinander: Goran Cvetkovic und Alessio Lioi. Symbolträchtig irgendwie, weil sie aus ihren Perspektiven von Anfang bis zum Status Quo eine Erfolgsgeschichte Revuepassieren lassen, die sie gemeinsam und unterstützt von ihren Umfeldern mit, bei und für Pfadi Winterthur Handball geschrieben haben. Eine, die noch lange nicht zu Ende sein soll.
Grund dafür ist die Berufung des quirligen Pfadi-Spielmachers ins Perspektivkader der Schweizer A-Nationalmannschaft. Der zwischenzeitliche Höhepunkt seines Weges als Handballer, der in Kreuzlingen beginnt und ihn in der U13 zu Pfadi führt. Im Schlepptau des älteren Bruders Leandro, wie er es beschreibt. Drei Mal wöchentlich mit dem Zug, begleitet von immer mehr Freunden aus Kreuzlingen. In der Halle trifft er auf Mitspieler Namens Gian-Luca Bühlmann, Henri Dörflinger und Dominik Ruh sowie einen Trainer Namens Goran Cvetkovic, neben dem er nun – wenige Jahre später – als fester Bestandteil seines NLA-Kaders sitzt.
Ein durchdachtes Nachwuchskonzept
«Das Potenzial von Alessio haben wir umgehend erkannt. Spätestens ab U15 war uns klar, dass wir ihn in die Nationalliga A bringen werden», erinnert sich Cvetkovic und ergänzt lächelnd, «das haben wir ihm so natürlich nicht gesagt, auch seinen Eltern nicht.» Denn primär, und da geht der NLA-Cheftrainer bereits erstmals auf das durchdachte Nachwuchskonzept ein, «geht es am Anfang einmal darum, dass sich die Jungs persönlich weiterentwickeln – als Sportler ebenso wie als Menschen – darum Teamplayer und Teamsportler zu werden und als solche Siege und Niederlagen zu teilen.» In der U15 und U17 begleitet von Valentin Bay, in der U19 und NLB von Stevan Kurbalija.
Für Lioi steht der Spass am Handball im Vordergrund. Er hat ihn stets bewahrt. «Dass ich gefördert werde, habe ich gespürt und geschätzt. Aber ich konnte die Bedeutung damals noch nicht so einordnen, wie heute», blickt er auf seine Anfänge bei Pfadi zurück. Stolz war er dabei ebenso von Beginn an, was gar zu einem Wischereinsatz in Kreuzlingen im Pfadi-Pullover führte.
Bewährte Entwicklungsmodelle
Damals wie heute wurden und werden innerhalb unseres Vereins die gleichen, bewährten Entwicklungsmodelle angewendet: «Wir haben sie auf jene angewendet, bei denen wir das Gefühl hatten, dass sie die nächsten NLA-Spieler werden», so Goran Cvetkovic, der weiss, «dass alles mit den Strukturen beginnt. Wir haben im Nachwuchs eine personelle, strategische und strukturelle Kontinuität geschaffen.» Eine die bis heute Bestand hat und die in der Triage zwischen Nachwuchschef Valentin Bay, Vollbluttrainer Stevan Kurbalija und ihm «die Entwicklungsbalance im handballerischen Bereich und in der Persönlichkeitsentwicklung sowie in der Siegermentalität fordert und fördert.»
Lioi selbst gefällt der Nimbus, immer oben mitzuspielen von Anfang an – er sagt: «Das ist für mich Pfadi.» Sein Bewusstsein reift im Übergang zwischen der U17- und U19-Elite, «dass ich das, was mir hier geboten wird, nutzen möchte, um an die Spitze zu kommen.» Damit einher geht die Seriosität und Disziplin, die er fortan dafür kompromisslos an den Tag legt.
Die Wichtigkeit des Siegens
Die Ambition und der Druck gewinnen zu wollen und gewinnen zu müssen sind da längst verinnerlicht. Wertvolle Umstände, wie Goran Cvetkovic weiss: «Eine Ausbildung ohne Erfahrungen in Sachen Siegermentalität wäre eine unvollendete, die dazu führt, durchschnittliche Spieler zu entwickeln, nicht jedoch Ausnahmekönner.» Im Fall von Alessio Lioi wächst eine Generation heran, die überall an der Spitze mitspielt und auch Finalspiele bestreitet und gewinnt. Dabei immer an seiner Seite ist ein gewisser Dominik Ruh, «dass wir alles gemeinsam durchlebt haben, hat alles vereinfacht und ich habe mich dadurch nie alleine gefühlt. Wir sind seit wir zusammen spielen beste Freunde», verrät der furchtlose, spielfreudige Rechtshänder, der mit seinen Auftritten nun selbst Fantasien bei unserem Nachwuchs weckt.
Fantasien, die ihn damals selbst anspornten: «Es war mir stets und wird mir immer eine Ehre sein, für Pfadi zu spielen. Damals habe ich die Grossen bewundert und wollte auch immer einer von ihnen werden.» Dass es diese Möglichkeit bei Pfadi gibt, sieht und spürt er. Und tatsächlich, «kam dann in unseren Plänen der Zeitpunkt, ihm die Chance auf NLA-Stufe geben zu wollen und zu können», erinnert sich Goran Cvetkovic.
Dass er bis dahin und im Unterschied zu seinem besten Freund kein Aufgebot für eine Schweizer Nationalmannschaft erhalten hat, wurmt ihn selbst, lässt ihn aber nicht von seinem Weg abbringen. Seine Trainer ebenso wenig, weil es sie nicht überrascht, wie Goran Cvetkovic sagt: «Wir beurteilen unsere Spieler nicht nach Grösse und Gewicht, sondern primär nach ihrer Persönlichkeit und sekundär nach ihrem handballerischen Können.»
Lioi macht Schlagzeilen
Er spricht damit die spannenden Komponenten an, die Alessio Lioi ausmachen. Spürbar und augenscheinlich seit der U13. Beginnend bei seiner Persönlichkeit. Was ihn als Sportler auszeichnet, ist der Grundehrgeiz. Er geht das Spiel als Challenge und nicht als Fragestellung an. In jeder seiner Aktionen gibt es keine Fragezeichen, sondern eine Entscheidung in Richtung Lösung, die zum Erfolg führt. Entschlossenheit, Ehrgeiz und Siegerinstinkt kombiniert mit Talent, unberechenbarem Spielstil aufgrund seiner Fähigkeiten machen ihn einzigartig und kompensieren die Vorurteile bezüglich der körperlichen Voraussetzungen.
«Sein Charakter macht dies natürlich alles noch viel sympathischer», findet Cvetkovic zusätzliche Ansätze für den WOW-Effekt, den er mit seinen Auftritten im Schweizer Handball auslöst. «Wir sind Zeugen von einem Fall, indem ein 19-Jähriger innert 3 Monaten Schlagzeilen macht mit seinen Performances», freut sich sein Trainer. Dies führte jüngst zum ersten Aufgebot ins Perspektivkader der Schweizer A-Nationalmannschaft. Für Lioi eine Ehre und für Pfadi eine Bestätigung der Strategie und gegenüber den nicht vorhandenen Vorurteilen was die körperlichen Voraussetzungen betrifft – mit dem neuen Vorbild Alessio Lioi.
Dabei geht es nicht um eine falsche Beurteilung seitens des Schweizerischen Handball-Verbandes. Vielmehr zeigt das Beispiel Alessio Lioi, dass der Weg möglich ist und dass die Spieler von all unseren Trainern profitieren ohne Leistungsabfall und Entwicklungsrückschritte. Die Message – «wessen Herz für den Handball schlägt, kann etwas erreichen» – hat eine weitere Bestätigung erfahren. «Heute reden wir über Alessio, vor ihm gab es sie und auch nach ihm wird es sie geben – jene die es schaffen werden – auf dem Pfadi-Weg», zeigt sich Cvetkovic stolz.
Alessio Lioi war, ist und bleibt dabei stets bewusst, «dass dies alles alleine nicht möglich gewesen wäre. Da habe ich Pfadi viel zu verdanken – meinen Trainern Valentin Bay, Stevan Kurbalija und Goran Cvetkovic, die mir auch ausserhalb des Handballfeldes zur Seite stehen.» Darauf zahlt er das Vertrauen und die Betreuung zurück. Als Energizer.
Die Schönheit des Handballspiels
«Ich bin extrem froh, mit Alessio einen Spieler in unseren Reihen zu haben, der die Schönheit des Handballspiels immer aufs Feld bringt. Du weisst nie, was als nächstes kommt», bewundert Cvetkovic den Spielstil seiner Nummer 41. Lioi selbst sagt, dass er ihm stets treu geblieben ist sowie bleiben wird und beschreibt ihn mit den Worten «flink und furchtlos.»
Die Karriere wird zeigen, wo seine Grenzen sind. In den ersten Monaten der Saison als Überraschungsfaktor und nun als Instrument eingesetzt, wird seine Toolbox mit dem Sammeln wertvoller Erfahrungen auf höchster nationaler Stufe immer grösser: «Da sehe ich ausreichend Potenzial im Angriffsspiel. In den anderen Phasen des Spiels ist er noch in der Ausbildung und wird sich kontinuierlich verbessern müssen», so sein Trainer, der vorausblickt indem er sagt: «Wenn das gegenseitige Vertrauen wie zwischen Alessio und uns besteht, sehen wir keine Limiten nach oben. Ein schönes Beispiel eines jungen Spielers dessen Weg noch lange nicht zu Ende ist.»
Im Auftrag des Vereins
Getreu den Werten unseres Vereins wird er deshalb auch als ein Leistungsträger behandelt – gleich wie ein Viran Morros. «Der Verein steht über uns – in Sachen Tradition, Geschichte und Werten. Wir sind in der Lage, während unseres Daseins, weitere Spieler auf dem Pfadi-Weg nach oben zu bringen, wir geben ihnen die Chance und arbeiten täglich hart», erklärt Goran Cvetkovic.
Stolz löst Alessio Lioi dabei vor allem auch in seinem Umfeld aus. Bei seinen Eltern und Grosseltern. Sie begleiten ihn, wie sein Grossvater gar bis ans Cup-Auswärtsspiel nach Thun und schreiben ihm als erstes nach Spielen eine Nachricht. «Da wird mir die Bedeutung auch für mein Umfeld bewusst», verrät der Youngster, der mit der Berufung ins NLA-Team nach eigener Aussage «einen Meilenstein erreicht» hat, «den ich mir gesetzt habe.»
Seine weiteren sind keineswegs kleinere. Das Ausland und über die Perspektivauswahl in die «richtige Nati». Als «Lichtgestalt» unseres Vereins und Nachwuchs fühlt er sich dabei nicht, aber er ist gekommen um zu bleiben. «Dank Pfadi und vielen Menschen habe ich geschafft, was ich bisher erreicht habe und will noch viel mehr erreichen» – denn Handball ist sein Leben.