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Pfadi Winterthur vor grössten Herausforderungen

Wenn die Winterthurer Handballer am Mittwoch 2. September um 19:30 Uhr in der AXA Arena in die neue Saison starten, wird Pandemie bedingt ziemlich vieles ungewohnt sein. Die latent vorhandene Ungewissheit in Bezug auf die womöglich öfter wechselnden, staatlichen oder verbandseigenen Auflagen und die damit verbundenen Rahmenbedingungen rund um die Spielorganisation, werden Spieler und Fans gleichermassen fordern. Und die neue Saison hat es auch bezüglich Stärkeverhältnisse innerhalb der Liga ziemlich in sich. Man wird sich nochmals etwas näher gekommen sein, hinter den Kadetten aus Schaffhausen.

Exakt 178 lange Tage wird es beim Saisonstart in die neue Spielzeit gedauert haben, seit Pfadi sein letztes NLA-Spiel in Basel siegreich absolviert hat. Bis dahin hatten die zu diesem Zeitpunkt an zweiter Stelle liegenden Winterthurer 22 Siege, zwei Unentschieden und 9 Niederlagen auf dem Buckel. Danach ist der Stecker gezogen, Meisterschaft und Trainings per sofort abgeblasen worden. Einen Meister und einen Cupsieger hat es danach nicht gegeben, auch nicht am grünen Tisch. Nun aber ist, unter trügerischen Voraussetzungen, wieder Handball-Power angesagt. Es wird wohl angesichts dieses grassierenden Virus von Allen viel Flexibilität gefordert sein. Gut deshalb, dass es in Winterthur mittlerweile die privat initiierte und finanzierte AXA Arena gibt. Die Infrastruktur auf dem Deutweg wird vieles möglich machen, was – in der gleichen Situation – am alten Spielort zuvor wohl kaum denkbar gewesen wäre. Die Situation deshalb insbesondere auch jene Konkurrenz, welche ohne eine derart grossartige Arena und Trainingsanlage auskommen muss – vor gröbere Probleme stellen.

Ein Testspiel (gegen Alpla HC Hard) ist wegen Erkrankungen beim Gegner bereits dem Virus zum Opfer gefallen, die Spiele in Ludwigshafen und Konstanz sind ebenfalls aus der Liste gestrichen worden. Die erste von eventuell zwei Qualifikationsrunden zur neuen EHF European League müssen die Winterthurer gegen Handball Esch aus Luxemburg am 6. September im hessischen Kassel als Vorspiel zum Quali-Hit MT Melsungen (GER) gegen Bjerringbro Silkeborg (DEN) bestreiten. Das Bundesamt für Gesundheit BAG hat Luxemburg bekanntlich schon lange auf die Quarantäneliste gestellt. Dieser Umstand hat nun diese Lösung mit einem einzigen Spiel auf neutralem Terrain und – in Deutschland derzeit üblich – ohne Zuschauer hervorgebracht. Es ist fast schon abzusehen, dass es danach noch weit längere Zeit in einem ähnlichen Stil weitergehen könnte.

Wir packen das an und werden uns zerreissen
Der dies mit Überzeugung sagt ist Adi Brüngger, der Trainer. Und der steht in dieser Funktion mittlerweile am Beginn seiner 14. Pfadi-Saison. Es ist wohl nicht daran zu zweifeln, dass er diese Einstellung auch seiner Truppe eingeimpft hat. Wobei zu sagen ist, dass sich das Team in diesem Sommer und Herbst wohl selber noch einmal sehr viel vorgenommen hat. Die selbst auferlegte, substantielle Lohnreduktion – zusammen mit den übrigen Mitarbeitern des Vereins – und die Klubtreue der Spieler kann nämlich durchaus als Wink in diese Richtung wahrgenommen werden. Man steht vorbildhaft zusammen – erst recht in einer Krise.

Zwei Neue – und ein Rückkehrer
Marvin Lier stand nach seiner zeitlich beschränkten Ausleihe zur SG Flensburg-Handewitt ab Anfang Februar bis zum Lockdown bereits einige Male auf der Platte. Roman Sidorowicz hat sich nach seinem länger dauernden Abstecher zur MT Melsungen trotz finanziell lukrativeren Angeboten im Sommer wieder der Mannschaft seines Herzens angeschlossen. Solcherlei Tatsachen können durchaus die gute Basis für ein erfolgreiches Wirken des Teams verbreitern. Gespannt erwartet werden darf das neue Torhüter-Duo. Es ist mit seinen je 21 Jahren jung, hungrig und unverbraucht. Aber nach Matias Schulz und Simon Schelling haben die Beiden ein schweres Erbe anzutreten. Nun, der routinierte und erfahrene Schulz arbeitet seit den Sommermonaten nicht nur auf der Geschäftsstelle Pfadi‘s, er fordert und fördert auch seine Nachfolger, den Basler Dennis Wipf und den Israeli Yahav Shamir. Dem einstigen argentinischen Nationaltorhüter ist zuzutrauen, seine Torleute einen wesentlichen Schritt weiter zu bringen. Noch etwas wichtiger aber wird in diesem Zusammenhang auch die Unterstützung der Beiden durch ihre Vorderleute.  Da wartet mit Sicherheit noch einiges an Abstimmungsarbeit – und es braucht etwas Geduld bis es passt, auch jene der Zuschauer und Fans. Mit den Abgängen von Peter Schramm und Antonio Pribanic hat das Team einiges an Routine, internationaler Klasse und Kampfgewicht verloren. Auf diese Abgänge hat man, nicht zuletzt aus finanziellen Gründen, im Verein nicht reagiert. Die Lücken werden durch die beiden 21-Jährigen Rückraumspieler Lukas Heer und Adir Cohen, sowie durch den 22-Jährigen Jannic Störchli am Kreis geschlossen. Ansonsten bleibt beim Kader alles beim Gewohnten, doch sehr gut eingespielt eben. Das könnte sich in diesen Corona-Zeiten noch auszahlen.

Zwei Neue und ein Rückkehrer: Dennis Wipf, Yahav Shamir und Roman Sidorowicz

Die Kadetten Schaffhausen – Gradmesser wie immer
Die Kadetten Schaffhausen werden auch in diesem Jahr gewohnt grosse Ziele haben. Das verdeutlicht nach dem erneuten verletzungsbedingten Ausfall von Zoran Markovic zuletzt die Verpflichtung von Erik Schmidt, dem 2.04 Meter grossen Kreisläuferhünen und Defensivspezialisten  vom SC Magdeburg. Präsident Giorgio Behr und seine Führungstruppe reagieren rasch, wenn sich etwas nicht in die ambitionierte Richtung zu entwickeln droht. Sie starten im selben europäischen Klubwettbewerb wie Pfadi, sind aber bereits für die Gruppenphase gesetzt. In der Champions-League fand bekanntlich kein Schweizer Vertreter Aufnahme. Die Anforderungen dort sind in Bezug auf TV-Präsenz, Vermarktungspotential, Hallengrösse und vieles mehr deutlich gewachsen. Das Ganze geht einher mit der Verkleinerung dieser europäischen Spitzenliga, ein Prozess welcher mit Blick auf die sportliche Leistungsfähigkeit von den Teams deutlich mehr fordert als in den Vorjahren. Das neue Format des zweithöchsten Wettbewerbs EHF European League verspricht gerade auch aus diesen Gründen nun hochkarätige und zugkräftige Gegner. Das wird – ab der ersten Qualifikationsrunde – jedenfalls künftig ein ganz anderer Wettbewerb, eine ganz neue Herausforderung werden, insbesondere auch für Klubs aus der Schweiz.

Enges Teilnehmerfeld hinter dem Liga-Krösus
Hinter den Nordostschweizern ist in der heimischen Liga derweil mit vielen Ambitionierten zu rechnen. Da wäre der TSV St.Otmar St.Gallen, welcher mit einem neuen Trainer (Zoltan Cordas) und neuen Hoffnungen in die Saison steigt. Bo Spellerberg und Julian Rauch sind zwar weg, aber mit dem neuen Mann an der Seitenlinie will man sich nach vorne arbeiten. Beim HC Kriens-Luzern hat man – mit Aussicht auf die baldige Realisierung der neuen Pilatus-Arena – schrittweise kräftig Gas gegeben. Dafür sorgt kein anderer als Goran Perkovac, einst auch erfolgreich in Diensten von Pfadi Winterthur. Dessen Ehrgeiz und Ansprüche an die Qualität des Spielermaterials  sind bekannt, wenn auch die Geldgeber und Sponsoren mit ins Boot zu bringen sind, gerät in Luzern sicher zusehends etwas so richtig in Fahrt. Ähnliches ist vom BSV Bern zu berichten, welcher erneut erster Gast in Winterthur sein wird. Mit ihrer ebenfalls noch neuen Mobiliar Arena und einem breit angelegten Nachwuchskonzept könnten sie ein noch ernsthafterer  Anwärter auf Spitzenplätze werden, zumal sie sich bereits den Erfolgsgaranten Martin Rubin, seines Zeichens noch Trainer beim Ligakonkurrenten und Kantonsrivalen Wacker Thun, auf übernächste Saison unter den Nagel gerissen haben. Portugiesisches Feuerwerk beherrscht die Szenerie beim HSC Suhr Aarau. Seit die Internationalen Diogo Oliveira und Joao Ferraz in der Schachenhalle spielen, ist richtig etwas los. Dahinter bringt es Trainer Misha Kaufmann immer wieder fertig, sein Team auf den Punkt genau so richtig scharf zu kriegen. Spiele gegen den HSC sind meist Kampfspiele, da geht es um jeden Millimeter. Und im Aargau ist man immer noch etwas sauer darüber, dass der Cupfinal und damit der Traum von einem Titel wegen dem Lockdown danach nicht mehr stattfinden durfte. Da ist noch ein motivierender, schaler Nachgeschmack vorhanden, welcher besonders beflügeln kann. Von Wacker Thun ist man sich die harte Arbeit auf engstem Raum gewohnt, die Frage ist nur, bringen sie mit der Gewissheit, den Trainer zu verlieren das auch wieder so hin wie bisher. Die Berner Oberländer sind ein Team, das sich pushen lässt und diese Eigenschaft auch mal von sich aus zünden kann. Zudem steht mit Assistent Remo Badertscher ein guter Taktiker mit viel Einfluss am Seitenrand, welcher immer etwas im Schatten des grossen „Tinu“ Rubin wirkt, unscheinbar, aber eminent wichtig. Die Thuner sind eben immer ernst zu nehmen, erst Recht nach der Rückkehr von Lukas von Deschwanden.

Was läuft in den „unteren“ Tabellenregionen
Bei Pfadi’s grossem Kantonsrivalen GC Amicitia Zürich herrscht – einmal mehr – so etwas wie Aufbruchstimmung. Das hat sicher auch mit dem Neuen an der Seitenlinie zu tun. Jakub Szymanski hat seine Zelte nach mehreren Stationen in der Schweiz nun auch als Trainer in Zürich aufgestellt, nachdem er an gleicher Stelle zuletzt schon als Spielertrainer für einen kleinen Umschwung gesorgt hat. Das Team jedenfalls wurde stark verändert. Zehn neue Spieler, davon fünf aus der Elite-Jugend, ersetzen auf die neue Spielzeit hin sieben Abgänger. Da darf man gespannt sein, was der Tscheche aus dem 18-Mann Kader zaubern kann. Ähnlich könnte das beim TV Endingen sein, dessen 20-Mann Kader (!) auch viele Sommer-Wechsel durchlebt hat, mit Zoltan Majeri seit Anfang 2018  aber einen schon erfahrenen Trainer hat, welcher die Besonderheiten im Surbtal gut kennt. Kräftig hat es beim RTV 1879 Basel seit März gerumpelt. Elf Abgänge hat das Team zu verkraften, neun Akteure sind dafür neu dabei. Trainer Darijo Bagaric aber ist – als Spieler zumindest – ein alter Bekannter. Das Zepter, mit dem klaren Ziel den Abstieg zu verhindern, hat er erst nach der letzten Winterpause auf Anfang Februar übernommen. Gebracht hat dieser Akt bis zum Lockdown immerhin drei Punkte. Ob die Arbeit im Sommer nun Früchte trägt, wird sich einmal mehr weisen. Die Nordwestschweizer sind – eigentlich schon seit Jahrzehnten – immer auch eine besonders stimmungsanfällige Truppe. Mal läuft‘s gut, mal eben nicht so. Man nimmt es am Rheinknie, zumindest gegen aussen hin, eher gelassen und hofft auf bessere Zeiten.

Es ist angerichtet – Aber
Wir stehen alle vor einer aussergewöhnlichen Saison. Die allgemeine Ungewissheit kann belasten, hat aber auch ihren speziellen Reiz. Die medizinisch bedingte Krise wird irgendwann überwunden sein, das kann aber noch Monate dauern. Viel wichtiger wird sein, die wirtschaftlichen Einbrüche irgendwie zu überleben. Viele Unternehmungen haben zu kämpfen, einige werden nicht überleben. Mit direkten Folgen auch für das Sponsoring-Volumen aller Sportvereine. Kurzarbeit und Arbeitslosenraten können noch stark ansteigen, jeder von uns wird zusehends auf sein Portemonnaie schauen müssen. Es gilt wohl, den Gürtel künftig noch etwas enger zu schnallen.

Die Sommermonate haben es gezeigt. Bei Pfadi Winterthur ist man gewillt, die Herausforderungen anzupacken und auf Veränderungen rasch zu reagieren. Der Klub und seine Mitglieder sind weiterhin auf eine breite Solidarität aus der Bevölkerung und von Sponsoren angewiesen. Matchbesuche sollen unter Einhaltung der Sicherheitskonzepte wenn immer ermöglicht bleiben. Die meisten von uns schätzen ja Abwechslung und kameradschaftliche soziale Kontakte. Was es brauchen wird ist ein gesundes Mass an Disziplin von uns Allen. Abstand halten, Hygiene-Vorschriften- und Hinweise beachten und auch einhalten. Team, Trainer und Staff sind bereit, die Herausforderungen auf dem Platz anzunehmen. Wir danken dafür, dass Sie bereit sind, gleiches auch als Matchbesucher zu tun? Solidarität in der Krise! Auch das ist eine gute Erfahrung. Danke, wenn Sie als Freunde und Fans gleichermassen hinter unserem Team stehen und es nach vorne pushen!

Impressionen von unserem Fotografen aus vergangenen Jahren
www.deuring-photography.com

Spielplan 2020-21 (Stand 25. August 2020 | pdf) Corona Schutzkonzept PWH (26.08.2020)
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